Um 6.30 Uhr holte mich Ashley, der neue Tour-Guide von Adventure Tours Australia, an der Gecko-Lodge ab. Ich war total verschlafen aber dennoch auf die nächsten Tage gespannt.

Der Bus war etwas kleiner als der vorhergehende, aber ansonsten fast identisch. Ein paar Leute saßen schon drin, andere wurden noch abgeholt. Im Büro von Adventure Tours musste ich noch eine Gebühr bezahlen, meine Hotelvoucher für die kommenden Tage abholen und danach ging es los.

Es stellte sich heraus, dass wir dieses Mal vierzehn Passagiere waren, davon neun Deutsche, zwei Engländerinnen, eine Kanadierin und zwei Dänen. Zuerst fuhren wir zum Litchfield National Park, der 115 km südlich von Darwin liegt. Nach einer Frühstückspause im Banyan Tree Café in dem Städtchen Batchelor steuerte unser Fahrer das Buley Rockhole an, wo das Wasser durch eine Reihe von felsigen Wasserlöchern und Wasserfällen sprudelt. Wir konnten dort schwimmen gehen und hatten Gelegenheit, uns gegenseitig kennen lernen. Nach der Fahrt auf der Gibb River Road durch die Kimberleys trauerte ich noch meiner alten „Crew“ nach, aber die neuen Leute schienen auch nett zu sein.

Danach brachte uns Ashley fünf Kilometer weiter zu den Florence Falls. Über einen Pfad erreichten wir  nach einem 15minütigen Fußmarsch einen Teich, der mitten im Monsunregenwald liegt. Dort hatten wir wieder Gelegenheit zu baden.

Das Mittagessen – Hot Dogs – nahmen wir im auch im Banyan Tree Café zu uns und fuhren anschließend los Richtung Kakadu-Nationalpark zu den Mary River Wetlands. Bei einer fast zweistündigen Bootsfahrt konnten wir als ein Highlight zahlreiche Süß- und Salzwasserkrokodile, Vögel und Kängurus beobachten. Die vielen Tiere und das unberührte Hinterland beeindruckten mich enorm. Ich fühlte mich wie in einem riesigen Zoo. 

Unser Nachtlager schlugen wir auf einem Campingplatz mit feststehenden Zelten auf. Zusätzlich gab es sogar ein großes Küchenzelt sowie Duschen und  eine Bar. Welch ein Luxus! Leider war die Nacht sehr kurz. Um 5.30 Uhr weckte uns Ashley bereits, weil wir früh losmussten, um unser Tagesprogramm für den zweiten Tag zu schaffen.

Für diesen und den nächsten Tag stand der Kakadu-Nationalpark auf dem Plan. Unser erster Abstecher führte uns zu den Twin Falls. Sie liegen an einer Straße, die nur in der Trockenzeit und selbst dann nur mit dem Geländewagen befahrbar ist. Die Piste ist extrem uneben und führt durch mehrere Wasserläufe (mit Krokodilen). Wir wurden so stark durchgeschüttelt, dass sich eine Mitfahrerin am Ende der Fahrt übergeben musste.

Ein Boat-Shuttle-Service brachte uns über einen kleinen Fluss, ebenfalls von Krokodilen bewohnt, bis nahe an die Wasserfälle. Sie waren wunderschön anzusehen. Ein kleiner Sandstrand und die glühende Hitze zogen uns fast magisch in das Wasser hinein – leider bestand dabei Lebensgefahr, also ließen wir es bleiben. Ohne Erfrischung kehrten wir zurück zum Bus. Dort stärkten wir uns erstmal mit reichlich belegten Wraps und fuhren dann weiter zu den Jim Jim Falls. Normalerweise stürzen sie aus 215 Metern in die Tiefe. Nur leider war es in der letzten Zeit so trocken, dass kein Wasser mehr da war, das herabstürzen konnte. 

Dafür war am Jim Jim Falls Plunge Pool Baden erlaubt und so wurden wir angemessen entschädigt. Die folgende Nacht verbrachten wir in Zelten der Kakadu-Lodge, einem gepflegten Resort mit Poolbereich, Bar und Shop. Am nächsten Morgen fuhren wir zu den Aborigine-Felsmalereien von Nourlangie. Dort besichtigten wir auf einem 2 km langen Rundweg die Anbangbang-Galerie mit Kunstwerken der australischen Ureinwohner.

Um unser Wissen über die Aborigines noch zu vertiefen, besuchten wir anschließend das Warradjan Aboriginal Cultural Center. Es nutzt alte Schöpfungsmythen, um die Kultur der Aborigines zu erklären. Die Traumzeit bildet die Grundlage ihrer Spiritualität. Dabei geht es um die Schöpfung der Welt und die spirituellen Energien, die um uns herum wirken. Als krönenden Abschluss wanderten wir zum Barramundie-Creek. Dort konnten wir es uns bei einem Bad in Felspools nochmal richtig gut gehen lassen.

Hinterher ging es für eine weitere Nacht nach Darwin. Schon um 5.40 Uhr wurden wir am nächsten Morgen zur Fahrt Richtung Alice Springs abgeholt. Leider wurde unsere Gruppe neu zusammengewürfelt und zu allem Überdruss mussten wir in einem veralteten, engen und bis auf den letzten Platz vollgestopften Bus mit ca. 25 Leuten Platz nehmen. Und das für die nächsten 1500 Kilometer! Ich war schockiert!

Die Busfahrerin versuchte, mit überschwänglicher Begeisterung die Leute bei Laune zu halten. Leider uferte dies in peinlichen Kennenlernspielchen aus. Zum Beispiel sollten wir uns ein Streichholz zwischen die Lippen stecken und damit unseren Nachbarn einen kleinen Plastikring von Mund zu Mund übergeben.  Naja, wem’s Spaß macht….! (Schade, dass ich am Abend vorher keinen Knoblauch gegessen hatte). Es herrschte eine Art Gruppenzwang und so machten alle mit.

Nach einer kurzen Rast in Katherine kamen wir an unserem Campingplatz für die folgende Nacht an. Dort ereilte mich der nächste Schreck: Wir mussten in 4-Mann-Zelten übernachten. Eigentlich hatte ich für die Reise bei meinem deutschen Reiseveranstalter FTI-Touristik Einzelzimmer-Unterbringung gebucht und dafür einen saftigen Aufschlag gezahlt. Ich fühlte mich geprellt. Verärgert und missmutig beteiligte ich mich an den Vorbereitungen für das Mittag
essen.

Da noch ein zweiter Bus des selben Typs mit uns auf der Strecke unterwegs war, mussten wir vollkommen ausgehungert auf die Fehlenden warten. Die Stimmung sank mehr und mehr auf den Tiefpunkt.

Für den Nachmittag war eine Fahrt zur Katherine Gorge geplant. Wer wollte, konnte an einer Bootsfahrt teilnehmen oder Kanu fahren, für beides musste allerdings extra gezahlt werden. Mir war die Laune vergangen und so entschied ich mich, auf der Terrasse des Visitor-Centers den Nachmittag zu verbringen.

Am zweiten Tag dieser Etappe ging es morgens zu den Thermalquellen von Mataranka, die 105 km südöstlich von Katherine liegen. Wir hatten Gelegenheit, in einem Thermalpool zu baden, der in einem Regenwaldgebiet liegt. Das Wasser hatte Badewannentemperatur – sehr entspannend! Leider war der Pool schnell voll – kein Wunder, wenn 50 Leute gleichzeitig ankommen! Hinzu kamen auch noch die Gäste vom angeschlossenen Mataranka Homestead Resort.

Vor dem Eingang zum Homestead steht eine Nachbildung der Elsey Station Homestead, die für den Film „Land hinter dem Horizont“ (1981) nach Jeannie Gunns Buch „We oft the Never Never“, errichtet wurde, einem australischen Klassiker über das Leben im Top End Anfang des 20. Jahrhunderts.

Weiter ging die Fahrt Richtung Süden, diesmal 160 km bis Daly Waters. Während der Pionierzeit der Fliegerei war der Flugplatz Daly Waters Aerodrome eine wichtige Zwischenstation. Dort landeten Qantas und die alte Imperial Airways auf dem Weg von Brisbane über Darwin nach Singapur und weiter nach London zwischen. Seine Blütezeit hatte der Flugplatz im Zweiten Weltkrieg. Im alten Hangar konnten wir uns ein paar alte Exponate und Infotafeln über diese Zeit anschauen.
Zum Mittagessen fuhren wir in das bekannte australische Outback-Pub von Daly Waters. Daly Waters liegt ein paar Kilometer abseits des Stuart Highway. Wenn man den klassischen Outback-Ort suchte, konnte man nichts Besseres finden.  Im Inneren der Kneipe war jeder Quadratzentimeter – Wände, Balken, hölzerne Stützpfosten – mit Andenken bedeckt, die frühere Besucher hinterlassen hatten: Studentenausweise, Führerscheine, Geldscheine aus vielen Ländern, Fotos, Abzeichen von Polizeiwachen und Feuerwehren (auch aus Deutschland), selbst eine interessante, gut bestückte Kollektion Unterwäsche, die von den Balken baumelte oder an die Wände genagelt war.

Auf dem Rückweg fuhren wie ein kurzes Stück über eine heiße Lehmpiste, bis wir am Rande einer großen, kahlen Fläche neben der Fahrbahn zum Stuart Tree kamen, der an John McDouall Stuart erinnerte, einem der größten australischen Entdecker. In seiner Freude, bei Daly Waters einen Bach mit trinkbarem Wasser gefunden zu haben, soll Stuart ein S in diesen Eukalyptusbaum geschnitzt haben.  Man muss dazu sagen, dass der Baum nicht viel hermacht, er war schon lange tot und seine oberen Äste alle abgehackt.

Da wir bei jedem Tankstopp fast eine dreiviertel Stunden pausierten (wahrscheinlich bekommt Adventure Tours Australia für jedes verkaufte Eis und jede Flasche Cola eine  Provision von den Tankstelleninhabern), erreichten wir erst im Dunkeln unser Nachtlager, das Juno Horse Center im Buschland bei Tennant Creek. Es gab dort einen sehr interessanten Swimming-Pool, der aus einem alten Wasserspeicher gebastelt war. Dieses Mal schlief ich wieder unter freiem Himmel in einem Swag, unmittelbar neben den Pferdeställen. Der Farmer, der am nächsten Morgen seine Rinder und Pferde versorgte, war ein waschechter Cowboy, der bereitwillig über seine Tiere erzählte und Outback-Anekdoten zum Besten gab.

Die Fahrt ging weiter. Eigentlich stand im Reiseprogramm des Veranstalters der Besuch der Battery-Hill-Goldmine als nächster Punkt, er wurde aber kommentarlos gestrichen. Immerhin besuchten wir, wie angekündigt, die Devil Marbles, 105 km südlich von Tennant Creek. Die dort ansässigen Warumungu-Aborigines glauben, dass die Felsen Eier der Regenbogenschlange, einem Wesen aus der Traumzeit, sind. Wissenschaftler dagegen halten sie für Überbleibsel flüssiger Lava, die über Millionen von Jahren erodiert sind. Auf alle Fälle sind sie etwas wirklich Fabelhaftes: Gigantische Haufen glatter Granitkugeln, viele so groß wie Häuser, entweder unordentlich aufgestapelt oder über ein ausgedehntes Areal verstreut. Jede erinnerte an etwas anderes: Eine ungeschälte Kartoffel, Jelly Beans, ein Brötchen – nur dass sie riesengroß und oft ganz riskant aufeinander geschichtet waren.

Nach diesem Besuch kehrten wir zurück zum Stuart Highway und setzten die Fahrt bis Alice Springs fort, wo wir am frühen Abend eintrafen. Hier war ich heilfroh, dass ich eine Einzelzimmerreservierung im Alice Springs Plaza Hotel hatte. Die anderen Passagiere, die nur eine Backpacker-Unterbringung gebucht hatten, mussten die kommenden drei Nächte in engen 4-Mann-Zimmern  im Melanka Backpackers verbringen.

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