Australien Cowboy

„Yeeehaw – Outback, the real shit…!“

Auf der Hinfahrt zu der vermeidlichen Farm, malte ich mir gedanklich schon aus, welche Größe der Hof wohl haben würde und wie die Leute dort leben würden.

Sollten wir also die „richtigen Cowboys“ treffen oder doch eher die alten Farmer?

Kurze Gespräche mit Debby und Aufklärungsversuche bei Frauke, hinsichtlich unserer künftigen Bleibe, halfen die lange Fahrt zu überbrücken. Tatsächlich kamen mir die fünf Stunden auch nicht so unendlich lang vor, wie die vorherigen Autofahrten.

Auf der Fahrt sahen wir übrigens wieder massenweise tote Kängurus am Straßenrand liegen, die wohl nachts von den Truckfahrern umgeholzt worden sind. Aasgeier machten sich schon über die leblosen Körper her, während sich sonst nicht in der Wüste regte.

Im Outback schien es, als wäre die Zeit stehen geblieben. So weit das Auge reichte, nur Sand, abwechselnd vielleicht ein paar Steine und ansonsten Leere.

Breits im Wagen erklärte Debby uns, wer alles auf der Farm arbeitete und wie dort die grobe Aufgabenverteilung aussehen sollte.

Da mein Gedächtnis, zumindest was Namen betrifft allerdings die Funktion eines Siebes einnimmt, konnte ich am Ende keine der von Debby erwähnten Personen mehr zuordnen.

Was ich behalten habe, war lediglich, dass zwei der etwas jüngeren Cowboys namens Ben und David für die Reparatur der Zäune und das Treiben der Rinder verantwortlich seien und Debbys Mann, Rodger, ein wachendes Auge über alles zu werfen schien, sich aber ebenfalls bei den anstehenden Aufgaben beteiligen würde.

Rodger sorgte des Weiteren dafür, dass die Tiere von A nach B gefahren werden, für den Kauf und Verkauf des Viehs.

Debby sprach kurz vor der Ankunft, auf der Farm, noch einmal die Aufgaben mit uns durch und versicherte immer wieder, dass die Männer total locker und nett seien und wir uns keine Sorgen machen sollten oder uns unwohl fühlen müssen.

Wir würden ein Zimmer bekommen und hätten ein Bad, welches wir uns zwar mit den Männern teilen sollten, dies aber aus zeitlich gut abgestimmten Arbeitsperioden kein Problem darstellen sollte.

Endlich war es dann auch so weit und wir kamen auf dem Hof an, wo wir die nächsten zwei Wochen unsere Zeit damit verbringen sollten, die Tiere zu versorgen und Essen zu kochen.

Debbys Angst bestand nämlich darin, dass ihr Mann sich nicht ausreichend um die „Haustiere“ kümmern würde und der Rasen nach den zwei Wochen wohl endgültig von der Sonne verbrannt sei.

Die Haustiere, die ich eben angesprochen habe, waren im Übrigen vier reinrassige Labradore, dreizehn Hühner, zwei Kälber und zwei Papageien.

Gespannt wie die Männer wohl auf uns reagieren würden, stiegen wir aus dem Wagen.

Debby hat sie aus dem Auto per Funk nicht erreichen können und daher war es eine Art kleine Überraschung, als wir zwei Blondinen plötzlich wie aus dem Nichts ausstiegen.

Um jedoch noch einmal kurz auf den Funk zurückzukommen:
Dieser befindet sich in fast jedem Auto, welches im Outback so seine Runden dreht. Ganz einfach aus dem Grund, weil gefährliche Unfälle auch auf so selten befahrenen Wegen vermieden werden sollen.

Bevor sich zwei Autos entgegenkommen bzw. aneinander vorbeifahren, wird abgesprochen wer zur Seite fährt und eventuell einem Wagen oder Transporter mit Übergröße eher Platz macht.

Gerade in der Dunkelheit ist es schwierig die Wege von der Wüste zu trennen, da die Straßen nicht gepflastert sind und auch keine Begrenzungen oder Leuchtblinker vorhanden sind.

Von der Straße abzukommen ist also ein Leichtes.

Wie auch immer, um zurück zum Thema zukommen- Die Herren der Schöpfung reagierten in der Tat überrascht, aber dennoch freundlich, bei der ersten Begegnung mit uns.

Dass hört sich zwar so an, als würden wir als „nicht- menschliche Wesen“ aus einem Paralleluniversum stammen, aber es war wirklich eine Seltenheit, dass sich zwei junge Mädels hierher verirrten.

Mit lässigem Handschlag begrüßten wir die Cowboys und ließen uns von Debby rumführen. Wir luden unser Gepäck in dem Zimmer ab und berieten uns eine Weile, weil Debby den Welpen noch aus dem Wagen holen wollte, um ihn zu den anderen Hunden in den Garten zu bringen.

Das Zimmer war ca. 14 Quadratmeter groß und hatte zwei Türen und zwei Betten, sowie einen Schrank. Es war nicht viel, aber auf der anderen Seite auch viel mehr als wir vorher hatten. Das Bad bestand quasi aus zwei Räumen, einem mit Dusche und Waschbecken und einem mit nur einer Toilette.

Der Hof machte einen zufrieden stellenden Eindruck, nicht zu abgeranzt oder verkümmert, aber auch nicht hochmodern. Ein gutes Mittelding halt.

Die weitere Führung durch das Haus ergab ein riesiges Wohnzimmer mit zwei Massagesesseln und eine Küche, die mit dem Essbereich bereits verbunden war, sowie einem begehbaren Kühlschrank.

Wobei diese die „Kammer des Schreckens“ für uns war, denn Rost, Pilzkulturen, massenweise Bier und Cola machen sich hier breit. Es sollte jedoch noch eine weitere „Kammer des Schreckens“ geben. Diese befand sich allerdings draußen und hatte eine Größe von geschätzten acht Quadratmetern.

Die Führung ging rasant weiter und uns blieb gar nicht so viel Zeit alles genau unter die Lupe zu nehmen, denn Debby wollte nur schnell den Hund abladen und gleich weiter nach Brisbane durchstarten.

Während sie noch im Redefluss war und Frauke und ich ihr ohne weiter drüber nachzudenken folgten und auch weniger auf das achteten was sie eigentlich sagte, wurde sie plötzlich schneller. Frauke hatte wohl Angst den Anschluss zu verlieren, folgte ihr also auch schnelleren Fußes.

Bis wir Debby dann auf der Toilette überraschten.
Die Situation war einfach so lustig, dass sie es wert ist in aller Ausführlichkeit erzählt zu werden:

Debby verschwand also in einem Zimmer, welches über eine weitere Tür verfügte, nämlich der Toilettentür. Frauke eilte Debby hinterher, während ich gelangweilt und erschöpft, von der Fahrt, eher schlenderte. Ich hörte ein lautes Lachen und ein „oh no“. Daraufhin kam mir Frauke mit der Hand vor dem Mund gehalten entgegen gerannt, die Augenbrauen waren hochgezogen und ihre Gesichtsfarbe ging ins rot über. Ich konnte meine Neugierde nicht zügeln und erhaschte ebenfalls einen kurzen Blick. Was ich sah waren Debbys Beine, die aus der vermeidlichen Toilette hervorguckten.

Tatsächlich hat Frauke die Frau, die wir erst vor knapp sieben Stunden kennen gelernt haben, peinlicherweise auf Toilette überrascht. Ich musste, wie konnte es auch anders sein, lachen, hielt dies aber einigermaßen zurück aus Gründen der Höflichkeit.

Im Anschluss erfuhren wir von Debby, dass als der Bau der Farm stattgefunden hat, Rodger die Bemessungen des Badezimmers bzw. der Toilette nicht ganz korrekt ausgeführt hat und daher die Tür nicht abzuschließen sei. Sprich wenn jemand auf der Toilette sitzt, kann dieser die Tür nicht schließen, da die Knie das Schließen der Tür verhindern würden.

Witzig für uns, schlecht für denjenigen der sich auf der Toilette befindet.

Nach diesem kleinen Faupax drehten wir unsere Runde weiter durch das Haus und ließen uns währenddessen noch einmal alles zeigen, wie zum Bielspiel die Milchmischung für die Kälber, das Futter für die Schweine und die Utensilien zum Kochen für die Männer.

Später brachte Debby uns nach draußen und zeigte uns den Außenbereich des Anwesens, sprich den Garten, zwei Bungalows und den etwas abgelegenen Schweinekäfig, sowie den Hühnerstall. Dieser verfügte außerdem noch über einen weiteren Käfig, für die Kücken.

Nach dem Rundgang, setzten wir uns in die Küche und tranken einen Kaffee, dabei erwähnte Debby nochmals, dass wir hier keine Hemmungen haben bräuchten, wir uns bei allem bedienen dürften und sie jeder Zeit anrufen könnten.

Um uns ein noch größeres Sicherheitsgefühl zu geben, forderte sie uns auf unsere Eltern anzurufen. Immer noch machten wir einen eher ängstlichen und eingeschüchterten Eindruck. Tatsächlich wussten unsere Eltern noch nicht einmal wo wir waren, da die Aktion mit zur Farm zu fahren doch recht spontan kam.

Nach dem Telefonat mit unseren Eltern und der kurzen Zusammenfassung was wir bis hierher erlebt haben, zogen wir uns auf unser Zimmer zurück und gönnten uns ein kleines Nickerchen. Debby machte sich derweil wieder auf die Reise.

Mit dem Ende unserer kurzen Ruhephase, steuerten wir die Küche an. Nicht nur um selbst etwas zu essen, sondern auch weil wir uns mit den dort arbeitenden Männern bekannt machen wollten.

Ein kurzer Small- Talk und die erste Hemmschwelle, war gebrochen.

Rodger schien ein ziemlich humorvoller, gestandener Mann zu sein, wobei Ben und David, ebenfalls lustig zu sein scheinen, zumal sie gar nicht so viel älter waren als wir. Es gab jedoch auch noch einen vierten Cowboy im Bunde, diesen nannten wir „Weihnachtsmann“, weil er einen langen weißen Bart hatte und diesem einfach, zumindest unserer Vorstellung nach, sehr ähnlich sah.

Die lustige Art der Männer lernten wir nicht nur durch ihre ´kecken Sprüche` zu schätzen, sondern auch durch die kunterbunte Boxershorts von Rodger.

Tatsächlich trug er ein schlichtes Hemd, darunter allerdings eine Shorts, die wir dadurch dass sie aus einem seidigschimmernden Material bestand „Flying Shorts“ nannten. Bedruckt war sie übrigens original mit den Simpsons.

Der nächste Tag sollte für uns um halb sieben beginnen. Der, wie der Weihnachtsmann aussehende, Cowboy würde uns dann noch mal die genau Mischmenge für die Kälber erklären und uns die Art und Weise zeigen wie sie am besten füttern könnten.

Relativ früh verabschiedeten wir uns, taperten ins Bad und freuten uns dann auf unsere Betten. Vorher fertigten wir jedoch noch eine kleine Liste an, mit den Aufgaben die Debby und die Cowboys uns aufgetragen haben. Schnell noch den Wecker gestellt und dann fielen uns auch schon die Augen zu.

Uns erwartete nun ein neuer Abschnitt unserer Reise, und zwar das Outback mit dem Leben, wie es die Farmer hier wirklich führen. Wir würden in diesen zwei Wochen wohl mehr von dem typischen Lifestyle der „Wüstenmenschen“ mitbekommen, als jeder Touri in Alice Springs.

Quasi Outback, “-the real shit”!

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