Fremantle Prison – Die dunkle Seite von Perth

Die Headline klingt um einiges reißerischer, als das Thema des Artikels eigentlich ist. Vielmehr ist das Gefängnis in Fremantle eine der, sein wir ehrlich wenigen, historischen Attraktionen die Westaustraliens verträumte Hauptstadt zu bieten hat. Das macht Fremantle Prison aber auch gleichzeitig zu einem absoluten Must-See, denn die Tages- und vor allem die Nacht-Touren mit Taschenlampe, sind für Touristen und Reisende jeden Alters interessant und spannend. Um eventuellen Interessenten das Gefängnis an Perths Hafen ein wenig schmackhaft zu machen, lasst uns einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit wagen, fast zweihundert Jahre zurück…

Teil 1: Swan River Kolonie, Prä 1850:

Die Swan River Kolonie markierte ein neues Kapitel in Groß Britanniens kolonisierung des letzten Kontinents. Die zwei Hauptkolonien in New South Wales und Van Dieman’s Land (Tasmanien) waren zunächst beinahe ausschließlich von Sträflingen besiedelt worden. Die Swan River Kolonie, welche 1829 gegründet wurde, sollte anders sein: eine Kolonie für freie Siedler.

Während des ersten Jahres der Besiedelung hatte die Swan River Kolonie mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Zu viele Menschen erreichten die Kolonie gleichzeitig und zu früh und dann gab es lange keine Nachzügler mehr und es waren zu wenig. Die Bevölkerungszahl begann rasch zu schwinden und mutlose Siedler verließen Swan River um an der Ostküste ihr Glück zu finden. Zwischen 1833 und 1834 beförderten zwölf Schiffe 1358 Siedler weg von der Westküsten-Kolonie und ließen damit nur wenig mehr, im ganzen weniger als 1400, zurück.

Viele Jahre lang litt die Siedlung. Zwischen 1843 und 1844 erschütterte eine schwere ökonomische Depression die Kolonie. Durch minderwertige Transportmöglichkeiten, Administration, Kommunikations-Infrastruktur und aufgrund der Tatsache, dass einfach viel zu wenige Arbeiter zugegen waren, kam der Viehanbau und landwirtschaftliche Wachstum der Kolonie zum Stillstand. Zu diesem Zeitpunkt sah es düster aus für die Swan River Kolonie, die erste Kolonie freier Siedler.

1847 schlug die York Agricultural Society, eine Gruppierung wohlhabender Viehbauern, dem Gemeinderat vor, Sträflingsarbeiter in die Kolonie einzuführen. Sie argumentierten, dass Sträflingsarbeiter die Wirtschaft der Kolonie stimulieren würden und dem Gebiet endlich die Tore zu ertragreicher Farmarbeit aufstoßen und so zu einer stetigeren Entwicklung verhelfen könnten. Viele der Siedler waren allerdings der Ansicht, dass die Einführung von Sträflingen gegen die Prinzipien der freien Siedlung, unter denen die Kolonie errichtet wurde, verstoßen würde. Vor allem diejenigen Siedler, die nahe an oder in einer der Hauptsiedlungen wohnten, fürchteten sich vor dem „Schandmal der Sträflinge“, der Kriminalität und der Gewalt, welche die Sträflinge in die Kolonie tragen würden.

Auf der anderen Seite, war die Regierung Großbritanniens sehr daran interessiert, das Problem der überfüllten Gefängnisse auf der Insel zu lösen. Nach einem Report von der Kolonie und einer Debatte mit britischen Regierungseinrichtungen wurde eine offizielle Anordnung vom britischen Parlament verabschiedet welches folgendes besagte: that upon and from the first day of June in this present year; Her Majesty’s settlements in Western Australia shall be places to which felons and other offenders in the United Kingdom then being or thereafter to be under sentence or order of transportation or banishments shall be conveyed… (dass vom ersten Juni diesen Jahres an, die Siedlungen ihrer Majestät in Westaustralien Orte sein sollen, an die Gesetzesbrecher und anderer Straftäter im vereinigten Königreich nach ihrer Verurteilung, oder auf Anordnung der Verbannung oder Ausweisung deportiert werden sollen…)

Großbritannien sagte schnell zu 100 Gefangene, die es nicht mehr lange bis zu ihrer Freilassung hätten, zur Australischen Westküsten-Kolonie zu schicken. Eine Depesche wurde an den Gouverneur geschickt und am sechsten November 1849 verkündete die West Australian Government Gazette, dass die Swan River Kolonie nun zu einer Sträflingskolonie umfunktioniert werden würde.Das erste Schiff, das Sträflinge nach Fremantle brachte, traf am ersten Juni 1850 in dessen Hafen ein. Kapitän Edmund Henderson war sowohl für die knapp 100 Gefangenen an Bord als auch sämtliches Wachpersonal und deren Familien verantwortlich. Die Kolonie war kein bisschen auf die Ankunft der Sträflinge vorbereitet, denn ein bizarrer Zufall ließ das Sträflingsschiff das Schiff mit der Depesche auf dem Weg nach Australien überholen.Hendersons erste Aufgabe, war, in der kleinen Hafenstadt Fremantle eine Unterkunft für seine „Fracht“ zu organisieren. Ein Warenhaus, dass von Hafenmeister Daniel Scott gemietet wurde und welches sich nah am Wasser befand, wurde soweit modifiziert, als das es temporär als Quartier für die Gefangenen herhalten konnte, bis eine permanente Lösung gefunden würde. Die Unterbringung der Wächter war ein noch größeres Problem.Nach einigen möglichen Vorschlägen, darunter auch Mount Eliza, das jetzt als Ausguck in King’s Park berühmt ist (ein Großteil der Skyline-Motive auf Perth Postkarten wird von dort geschossen), entschied sich Henderson für ein Stück Land am Hang eines Kalkbergs oberhalb der Stadt und erhielt ein Stück Land in der Größe von 36 Morgen (1 Morgen = 2500 Quadratmeter) für sein Projekt. Henderson war mit der Location zufrieden und rapportierte nach England, dass der Flecken Erde mit Nähe zum Hafen und Distanz zum Handelszentrum genau der richtige Ort für ein Gefängnis sei.

Das Gefängnis

Fremantle Prison, ursprünglich als Convict Establishment bekannt, wurde von Sträflingen zwischen 1852 und 1859 aus Kalkstein welcher vor Ort vorhanden war, erbaut. Die Geschichte des Gefängnisses, inklusive der Erbauung durch Gefangene, der Nutzung als Hauptgebäude für eingesperrte Straftäter und seine aktuelle Rolle als ein wichtiges historisches Bauwerk und Touristenattraktion, spiegelt in vielerlei Hinsicht die Geschichte Australiens wieder.

Der Kalkstein des Bergrückens stellte genug Baumaterial für das Gefängnis und zusätzlich für die Quartiere der Wärter zur Verfügung. Um die Gefängnis-Bau-Kampagne zu unterstützen, wurde eine Gruppe königlicher Baumeister nach Westaustralien gesandt. Diese überwachten die Arbeit der Gefangenen am Gefängnis und anderer Nutzgebäude in der Kolonie.

Die Arbeit am Gefängnis selbst begann 1852 und schon drei Jahre später waren Hauptzellenblock und Schutzmauern so weit fertig gestellt, dass alle Gefangenen in die Baustelle Fremantle Prison transferiert werden konnten. Vier Jahre später war der Gesamte Komplex fertig. Unterbringung und Nutzräume wurden durch die Umfassungswände, Torhäuschen, Hauptzellenblock, Krankenstation, Arbeitsräume und die verschiedenen Service-Räume, darunter Bäckerei, Küche und Waschstation, komplettiert. Sechs Häuser wurden auf der Westseite des Gefängnisses für die Hauptwachen gebaut. Diese majestätischen Gebäude halfen den hohen Status der Offiziere in der Kolonie zu festigen.

Bevor der Strom der Sträflinge nah 1868 nachließ, waren über 9700 Gefangene aus England nach Westaustralien deportiert worden. 1886, mit weniger als 50 Gefangenen die in den Englischen Gefängnissen verblieben waren, überließ die britische Regierung die Kontrolle über das Gefängnis der Kolonialregierung und von da an wurde Fremantle Prison als Hauptgefängnis für in der Kolonie Verurteilte genutzt.

Das Perth Gaol (Gefängnis), dass 1850 ebenfalls von Sträflingen erbaut wurde, wurde geschlossen und alle Insassen, inklusive Frauen, wurden nach Fremantle verlegt. Die Service-Räume wurden vom Gefängnis abgetrennt und aus ihnen entstand das erste und einzige Frauengefängnis der gesamten Kolonie. Es wurde zwei mal erweitert – in den 1890ern und den 1900ern. Darum, wer sich heute mit nem australischen Mädel einlässt, der weiß jetzt, dass die es faustdick hinter den Ohren haben. 1970 wurde das Frauengefängnis dann außerhalb von Perth verlegt; angeblich wegen wiederholter nächtlicher Ruhestörung. Die verlassenen Gebäude wurden danach als Schulungsräume für männliche Gefangene genutzt.

Legendäre Ausbrüche

Wie das Gefängnis in der ehemaligen „freien“ Kolonie in Westaustralien entstand wissen wir jetzt. Die Kolonie brauchte dringend Arbeiter und Groß Britannien brauchte dringend mehr Platz in ihren Knästen. Das am Hang eines Kalkbergs gelegene Gefängnis, auch wenn es heute zu nichts anderem als einer Touristenattraktion genutzt wird, sieht immer noch bombensicher aus. Aber längst nicht alle Bösewichte die man im Laufe der Jahre rein gesteckt hatte blieben so einfach und brav drin sitzen. Über die vielen Dekaden hinweg, gab es so einige interessante Ausbrüche und Ausbruchsversuche.

Westaustralien war mit seinem harschen Klima, seiner widerspenstigen Vegetation und gefährlichen Fauna, verglichen mit der harmlosen und „gezähmten“ Landschaft Englands und Europas ein wilder und gefährlicher Ort für die ersten Siedler. Captain Henderson betrachtete Fremantle Prison als ein Gefängnis innerhalb eines Gefängnisses und die westaustralische Landschaft als ein großes, natürliches Gefangenenlager. Da verwundert es nicht, dass Henderson nicht besonders besorgt um eventuelle Ausbrecher war. Wie ein Siedler beobachtete: „die Wahrheit ist, dass die Verwahrung der Gefangenen und somit auch die Sicherheit der freien Kommune in Westaustralien essenziell vom unpassierbaren und unbarmherzigen Buschland geprägt ist, das wie eine große Mauer ein natürliches Gefängnis umgibt. So wie uns ein Polizist sagte, kann man zwar aus dem Gefängnis, aber niemals aus dem Gefängnishof entkommen.

Nichtsdestotrotz haben es viele Sträflinge versucht aus dem Fremantle Prison auszubrechen. Außerhalb der Mauern hatte der Flüchtling dann drei Möglichkeiten: er konnte sich in der Nähe der Siedlung aufhalten und sich durch geklautes Essen über Wasser halten (diese „Bushranger“ wurden von den Siedlern „Bolters“ genannt) sie konnten versuchen die Kolonie über Land zu verlassen (was eine Flucht durch die Wüste bedeutet hätte) oder sie konnten es über den Seeweg versuchen.

Aufgrund der isolierten Lage der Kolonie war keine dieser Optionen besonders aussichtsreich.

1) 25.1.1859: Die Flucht nach Shark Bay

Im Januar 1859 ereignete sich ein verzweifelter Fluchtversuch, nur kurz nachdem die Verwahrungsanstalt fertig gestellt worden war. Fünf Gefangene die auf einem Arbeitseinsatz in Fremantle waren, flohen ins Buschland und schlugen sich nach Norden bis Melville Waters durch. Mit der Hilfe von Aboriginal Spurenlesern war die Polizei den Flüchtlingen schnell auf der Spur. Bei Point Walter gelangten die Sträflinge in Besitz eines kleinen Bootes und fuhren flussabwärts zurück wobei sie sich immer im Schutz des Uferbewuchses aufhielten. Als sie Fremantle erreichten, stahlen sie sich an den Hafenwächtern vorbei und ruderten aufs offene Meer hinaus.

Am nächsten Morgen landeten sie mit ihrem Boot auf Garden Island und raubten eine Familie aus, wobei sie Geld, Proviant, Waffen und einen Kompass erbeuteten. Sie machten das Walboot der Familie klar und setzten wieder Segel auf die offene See in Richtung Norden. Währenddessen hatte sich die Verfolgung verzögert. Zu der Zeit als die Verbrecher zur Garden Island segelten, war die Wasserschutzpolizei damit beschäftigt Gouverneur Kennedy nach Rottnest Island zu chauffieren, wo Comptroller-General Henderson ebenfalls seinen Urlaub verbrachte. Bis die Polizei ihre Boote wieder hatte und nach Garden Island gesegelt war, waren die Sträflinge schon fort.

Vier Tage später wurde das gestolene Walboot von Moore River aus gesichtet und die Wasserschutzpolizei nahm die Verfolgung wieder auf. Die Sträflinge flohen entlang der westaustralischen Küste und was folgte war eine epische Verfolgungsjagd über 800 Kilometer in Richtung Shark Bay. Während der Jagd litten sowohl die Sträflinge als auch ihre Verfolger unter der Sonne, dem starken Wind und dem unerbittlichen Ozean. Letztendlich waren die harschen Bedingungen und das fehlende Essen zuviel für die Flüchtigen. Die Polizei nahm sie fest und brachte sie zurück nach Fremantle. Aber zunächst fand man nur vier der ursprünglich fünf Gefangenen. Der Verdacht kam auf, dass seine Kumpanen ihn umgebracht hätten und die restlichen Gefangenen wurden dahingehend verhört. Während der Kreuzverhöre gestanden dann die übrigen Gefangenen ihn in einem Anfall von Wut getötet zu haben, weil er mehr als die ihm zugesprochene Ration des Trinkwassers konsumiert hatte. Monate später wurde die Leiche des Gefangenen gefunden. Man hatte ihn aufs brutalste ermordet. Die Sträflinge wurden verurteilt, einer wurde wegen Mordes gehängt, die anderen wurden wegen bewaffenten Überfalls verurteilt.

2) Massenflucht unter Gouverneur John Hampton

Während der 1850er genoss Henderson relative Autonomie über das Management des Gefängnisses und auch seiner Insassen. Die Politik des Gefängnisses hatte sich auf eine Reformierung und Resozialisierung der Gefangenen konzentriert um die Männer (und Frauen) nach ihrer Gefangenschaft als eine nützliche Arbeitskraft in die Kolonie eingliedern zu können. Das änderte sich auf dramatische Weise als John Hampton am 28.2.1862 zum Gouverneur Westaustraliens ernannt wurde. Obwohl er schon 1846 bis 1855 als Comptroller-General über Strafgefangene in Tasmanien tätig war, lastete ihm schon damals ein Ruf als korrupter Schieber von Strafarbeitern an.

Hampton war tyrannisch und brutal und benahm sich mehr wie ein weißer Aufseher über schwarze Plantagenarbeiter. Die Jahre von 1865 bis 1867 wurden durch einen dramatischen Anstieg der Strafgefangenen-Züchtigung geprägt. Für einen Fluchtversuch konnte der Gefangene schon mal mit einhundert Hieben mit der neunschwänzigen Katze, plus einer neunmonatigen Einzelhaft rechnen. Sowohl von innerhalb als auch von außerhalb durch die Presse wurden die harschen Methoden Hamptons angeklagt. Hampton ließ das völlig kalt. März 1867 schuf er den Ausschuss für Gefangenrechte ab und nahm den Insassen damit die letzte Kontrollinstanz an die sie sich hätten wenden können.

Unter der Führung Hamptons häuften sich die Fluchtversuche im Fremantle Prison. In neun Monaten zwischen 66 und 67 wagten mehr als 90 Gefangene den Ausbruch, dreimal so viele wie in jeder anderen 9-Monat-Periode zuvor oder danach.

Am 29. Mai 1867 entkamen drei Gewaltverbrecher namens William Graham, Thomas Scott und George Morris aus dem Fremantle Gefängnis. Graham benutzte einen nachgemachten Schlüssel um seine Zellentür zu öffnen – niemand konnte später sagen, woher er ihn hatte. Da in jener Nacht ein heftiger Sturm über Fremantle jagte, konnte Graham das Geräusch seiner Schritte im Lärm des trommelnden Regens verbergen während er seine beiden Freunde aus ihren Zellen befreite. Die drei Männer schlichen sich aus dem Haupttrakt und bahnten sich ihren Weg zu den Arbeitsräumen im Osten. Dort banden sie Ledergürtel aneinander und nutzten dieses behelfsmäßige Seil um die Wachmauer zu überwinden. Ihr Ausbruch wurde erst am nächsten Morgen beim Antreten bemerkt.

Das Trio begann schnell als sogenannte Bushranger aktiv zu werden und stahl Gewehre und Essen, während es sich seinen Weg durch die Farmgebiete nordöstlich von Perth bahnte. Die Polizei und Aboriginal Spurensucher kamen den Flüchtigen zwei Tage nach ihrem Ausbruch auf die Spur und während einer nächtlichen Schießerei wurde George Morris durch den Hals geschossen und tödlich verwundet. Seine Freunde konnten über den Causeway fliehen und setzten ihre Raubzüge im Südwesten fort.

Endlich, nachdem einige Wochen vergangen waren fand ein Trupp von vier Polizisten und drei Spurenlesern eine frische Fährte der Flüchtigen östlich von Kojonup. Da sie wussten, dass die Sträflinge nicht weit sein konnten, beschlossen sie zu kampieren und die Aboriginals als Suchtrupp vor zu schicken. Die Spurenleser fanden Graham, der vor einer verlassenen Hütte Wache stand. Sie gingen zurück zum Camp um Bericht zu erstatten und dann fällten die anwesenden Polizisten eine Entscheidung die später Schimpf und Schande über die gesamte Polizei bringen sollte: sie zwangen die Spurenleser zurück zur Hütte zu kehre und ohne Grund das Feuer auf die Flüchtigen zu eröffnen. Die Aboriginals gehorchten dem Befehl, eröffneten das Feuer auf Scott und Graham und kehrten danach erneut zum Camp zurück. Am nächsten Morgen fand die Polizei die Hütte verlassen vor. Beide Sträflinge waren geflohen, aber beide waren verwundet. Graham schleppte sich zwölf Meilen durch das Buschland, aus Wunden am Arm und Fuß blutend. Aus Angst vor dem Tod ergab er sich einem Schafshirten. Scott wurde ein paar Tage später nahe des Blackwood River gefasst. Beide wurden zurück ins Gefängnis nach Fremantle gebracht. Die involvierten Polizisten wurden unehrenhaft entlassen und das Ganze wurde in der Presse als eine „schmachvolle Angelegenheit“ behandelt.

Obwohl die Flüchtigen wieder eingefangen wurden, bedeutete das noch lange nicht das Ende für Hamptons persönliche Schmach. Viele andere Ausbrüche sollten nämlich noch folgen.

Einer der berühmtesten Insassen des Gefängnisses war Joseph Bolitho Johns, der als Moondyne Joe bekannt war. Moondyne wurde von der lokalen Presse für seine vielen innovativen Ausbrüche gefeiert, die eine kontinuierliche Peinlichkeit für Hampton bedeuteten.

Als er 1853 in Fremantle als Gefangener ankam, wurde Joseph Johns sofort freigelassen. Er arbeitete als ein Viehtreiber in der Nähe von Toodyay bis er 1861 beschuldigt wurde ein Pferd gestohlen zu haben. Das brachte ihm eine Haftstrafe von drei Jahren im Fremantle Gefängnis ein. Es dauerte aber nicht lange, bis er wegen guter Führung einen erneuten Freifahrtschein aus dem Knast bekam. Er kehrte nach Moondyne Springs in der Nähe von Toodyay zurück, aber schon vier Jahre später wurde er erneut verhaftet, diesmal für das Stehlen und Töten eines Ochsen. Er entkam im selben Jahr während eines Einsatzes als Feldarbeiter, wurde aber wenig später eingefangen und ein weiteres Jahr wurde seiner Haftstrafe hinzugefügt. Ein Jahr später entkam er erneut während eines Arbeitseinsatzes, aber auch diesmal wurde er schnell wieder gefasst. Dieses mal gab es fünf Jahre obendrauf. Zu jener Zeit bekam auch die Presse von Moondyne Joe’s Geschichte Wind und prangerte öffentlich die offensichtliche Sinnlosigkeit der Verlängerung seiner Strafzeit an.

Durch die wiederholten erfolgreichen Fluchtversuche lächerlich gemacht, ließ Hampton seinen Sohn George eine ausbruchssichere Zelle für Moondyne Joe bauen. Die Zelle wurde durch Bretter verstärkt und längere Nägel sollten Joe daran hindern sich aus der Zelle „herauszubuddeln“. Nachdem er die Arbeit seines Sohnes begutachtet hatte wandte sich Gouverneur Hampton an Joe: „Wenn du wieder entkommst,“ sagte er verächtlich, „dann schenke ich dir die Freiheit!“

Joe’s Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. Um ihm frische Luft und Bewegung zu gewähren wurde Joe dazu verdammt Steine im Vorhof zu klopfen. Unter strikter Beobachtung zerklopfte Joe 1867 täglich die Steine, bis sich in der Nähe der Frontmauer ein großer Haufen Geröll angesammelt hatte. Diesen nutzte Joe um mit seiner Spitzhacke in seinem Schutz ein Loch unter der Mauer hindurch zu graben und hinter ihr im Garten des Superintendent wieder aufzutauchen. Er entkam durch ein Tor und verschwand im naheliegenden Buschland.

Für die nächsten zwei Jahre war Joe auf der Flucht. 1869 brach er in den Keller von Houghtons Winzerei in Swan Valley ein um etwas Wein zu stehlen. Ein äußerst ungünstiges Timing sah Joe im Keller mit eine Horde von Polizisten konfrontiert, die dort nach der Arbeit etwas trinken wollten und als Joe fliehen wollte, rannte er ihnen buchstäblich in die Arme. Er wurde wieder ins Gefängnis gesteckt, aber zu dieser Zeit war Hampton nicht mehr im Amt und der neue General war um einiges gütiger. Joe wurde auf Bewährung freigelassen und 1873 war er ein freier Mann. Für den Rest seines Lebens sollte sich sein Weg nicht mehr mit der Justiz kreuzen.

Während Moondyne Joe und Scott, Graham und Morris 1867 auf der Flucht waren, fand eine weitere spektakuläre Massenflucht statt. Die Perth Gazette beschrieb den Ausbruch wie folgt: Am Abend des achten Augusts, kurz nachdem die Arbeitsgruppen der Sträflinge für die Nacht ins Gefängnis zurückgebracht worden war, wurde die Tür eines Zellenblocks geöffnet und acht Männer marschierten heraus, angetrieben von einem der Wärter. Er gab der Kolonne den Befehl anzuhalten, schloss die Tür hinter sich ab und führte die Männer durch ein Tor im Arbeitsbereich wo ein Wachturm der gerade Schichtwechsel hatte die Gruppe aufgrund der Präsenz des Wärters nicht weiter beachtete. Das Tor zum Arbeitsbereich wurde aufgesperrt und wieder abgeschlossen und nachdem die Gefangenen den Rückweg verbarrikadiert hatten, waren sie außerdem außer Sicht. Danach ging alles sehr schnell: über zwei lange Leitern und mit Hilfe von Seilen flohen sie über die Mauer. Wie der Gefangene an die Uniform des Wärters kommen konnte, vermochte niemand zu sagen.

Heftiger Regen und Dunkelheit verhinderte eine sofortige Verfolgung und die Flüchtigen fingen schnell an als „Bushranger“ aktiv zu werden, indem sie Proviant und Waffen aus umliegenden Siedlerhäuser stahlen. Vier der acht Sträflinge konnten schnell ohne Kampf und Schusswechsel in der Nähe von Pinjarra festgenommen werden. Ein Flüchtiger wurde nach heftiger Schießerei mit der Polizei gefangen. Zwei weitere wurden in der Nähe von Beverly gefangen. Sie wollten versuchen in Richtung Osten durch die Wüste zu fliehen. Einer der beiden, Bernard Woottan, griff einen Polizisten mit einer Eisenstange an und wurde für versuchten Mord zum Tode verurteilt.

Die letzten beiden Sträflinge waren auf dem Weg nach Süden wo sie vom Hafen in Bunbury oder Busselton auf einem Boot in die Freiheit segeln wollten. Einer wurde in der Nähe des Murray River gefasst , der andere, John Williams, ertrank im selben Fluss als er versuchte der Polizei zu entkommen.

Hat euch der kleine Streifzug durch die ereignisreiche Geschichte des Fremantle Gefängnisses gefallen? Dann zögert nicht euch selbst ein Bild davon zu machen, wo Moondyne und die anderen ihre Strafen absitzen mussten, oder zumindest sollten. Es gibt Führungen bei Tag, vor allem aber bei den Touren nach Einbruch der Dunkelheit kommt echte Gefängnisstimmung auf. Und die Geschichten über das Gefängnis sind so zahlreich und interessant, dass sich sogar ein erneuter Besuch lohnt. Schon Joe Moondyne wusste das.